Im Schnitt wechseln Beschäftigte in Deutschland im Laufe ihres Lebens fünfmal den Job. Zu den gängigsten Gründen zählen neben gesundheitlicher Probleme (Lesetipp: Burnout und psychische Erkrankungen im Job), einer zu spärlichen Bezahlung, ein negatives Arbeitsklima oder ausbleibende Aufstiegsmöglichkeiten. Unabhängig vom Kündigungsgrund ist für den künftigen Arbeitgeber eine Dokumentation der bisherigen Arbeitsleistung zur Beurteilung des potenziellen Mitarbeiters notwendig. Zur Einschätzung der Kompetenzen des ehemaligen Angestellten hat sich hier das Arbeitszeugnis als aussagekräftiges Dokument in der Arbeitswelt etabliert.
Das Wichtigste in Kürze
- Jeder Arbeitnehmer hat das Anrecht auf ein Arbeitszeugnis
- Man unterscheidet zwischen einem einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnis
- Ein Arbeitszeugnis unterliegt einem formalen und sprachlichen Muster
- Oberflächlich positiv klingende Floskeln können bei genauer Betrachtung den Wert eines Arbeitszeugnisses mindern
Definition: Arbeitszeugnis
Im Bereich des Arbeitslebens dient das Arbeitszeugnis der Beurteilung eines Beschäftigten durch den Arbeitgeber. Üblicherweise erfolgt die Ausstellung dieser Urkunde zum Auslaufen eines vertraglich festgelegten Arbeitsverhältnisses. Grundsätzlich können Arbeitnehmer hierzulande einen Anspruch geltend machen und die Ausstellung eines gütlich formulierten Arbeitszeugnisses fordern. Das Arbeitsgesetz stellt dabei klare Vorschriften zur Formulierung und Form des Dokuments. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einem qualifizierten und normalen Arbeitszeugnis.
Inhalte und Form eines Arbeitszeugnisses
Es gelten zahlreiche klar definierte Vorschriften bezüglich der Erstellung eines Arbeitszeugnisses. Neben einer maschinellen Bearbeitung auf sauberem Papier ist die Nutzung von Fragezeichen, Ausrufezeichen sowie Anführungszeichen oder Durchstreichungen nicht legitim. Erforderlich ist zwingend die Unterschrift des Arbeitgebers inklusive einer Ortsangabe plus Datum. Im Falle eines Ausbildungszeugnisses ist zusätzlich die Unterschrift des entsprechenden Ausbilders vonnöten. Trotz Digitalisierung ist ein Arbeitszeugnis ausschließlich in Papierform gültig. Eine Übertragung in digitaler Form ist nicht rechtens. Ebenfalls ist ausschließlich die persönliche Übergabe erlaubt. Der postalische Weg ist nur in Ausnahmefällen, etwa bei enormen Anfahrtswegen, genehm.
Nicht nur im Kontext des Inhalts, auch sprachlich stellt der Gesetzgeber Ansprüche an die Formulierung. So soll ein Arbeitszeugnis zwar der Wahrheit entsprechen, allerdings ist eine wohlwollende Formulierung zu wahren. Personaler bedienen sich hierbei diverser Codes. Für Arbeitnehmer ist die Kenntnis darüber zur Einordnung des Arbeitszeugnisses von entscheidender Bedeutung.
Unterschiedliche Zeugnisse im Überblick
Es existieren verschiedene Varianten und Formen des Arbeitszeugnisses. Neben einem finalen Arbeitszeugnis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses existiert etwa ein Zwischenzeugnis. Ebenfalls unterscheidet man zwischen qualifiziertem und einfachem Arbeitszeugnis.
Darf man jederzeit ein Arbeitszeugnis anfordern? Im Gegensatz zum herkömmlichen Arbeitszeugnisses besitzen Arbeitnehmer nur in gesonderten Situationen einen Anspruch auf die Ausstellung eines zwischenzeitlichen Arbeitszeugnisses. Ein berechtigtes Interesse besteht dann, wenn sich beispielsweise der Arbeitsbereich ändert, eine Beförderung stattfand oder der Vorgesetzte wechselt. Allerdings verlaufen die Grenzen hier fließend. Auch im Kontext eines bevorstehenden Jobwechsels besteht ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis.
Zum Ende des Arbeitsverhältnisses besteht ein Anspruch auf die Ausstellung eines Endzeugnisses. Hier hat der Arbeitnehmer die Auswahl zwischen einem einfachen und komplexen Dokument. Ein einfaches Zeugnis gibt Auskunft über die Dauer und Art der ausgeführten Tätigkeit im Unternehmen. Es gilt mehr als Bescheinigung über eine ausgeführte Beschäftigung. Das qualifizierte Zeugnis hingegen enthält detaillierte Informationen zum Arbeitsverhalten und zur Leistung des Arbeitnehmers.
Rechtliche Informationen und Ansprüche
Ein Arbeitgeber ist nicht befugt, die Herausgabe eines Arbeitszeugnisses zu verweigern. Sämtliche Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf die Erstellung eines einfachen oder qualifizierten Arbeitszeugnisses. Hierzu zählen neben befristeten Beschäftigten auch Auszubildende, Praktikanten, Hilfskräfte, Minijobber, Leiharbeiter oder freie Mitarbeiter. Selbst nach der Probezeit entlassene Arbeitskräfte haben einen berechtigten Anspruch. Die Länge der Beschäftigung spielt hierbei grundsätzlich keine entscheidende Rolle.
Natürlich haben Arbeitnehmer gewisse Fristen zu beachten. Diese Frist entspringt den einzelvertraglichen Ausschlussfristen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine nachträgliche Abänderung des ausgehändigten Zeugnisses ist in der Regel nicht mehr möglich. Weigert sich ein Arbeitgeber, handelt es sich hier um Verstöße gegenüber der Rechtspflichten. Ansprechpartner ist hier das zuständige Arbeitsgericht.
Gängige Fallstricke und Formulierungen
Bei der Erstellung bedienen sich Personaler sprachlicher Raffinessen zur subtilen Vermittlung negativer oder positiver Nachrichten. Zu den typischen und für den Laien kaum erkennbaren Fallen gehören etwa negative Standardfloskeln. Zu diesen zählen etwa:
- Er/Sie bemühte sich
- Er/Sie war den Belastungen meist gewachsen
- Er/Sie wurde den Anforderungen meist gerecht
- Er/Sie interessierte sich für die Tätigkeit
Sogenannte Nullstellen lassen sich als positive Indikatoren nutzen. Adjektive wie „immer“‚, „sehr“, „außerordentlich“ oder „stets“ heben das Niveau eines Arbeitszeugnisses markant an. Fehlen positive Leistungshinweise, deutet dies auf ein negativ formuliertes Arbeitszeugnis hin. Ebenso nachteilig wirken sich verneinte Gegenteile auf das Niveau des Zeugnisses aus.
Verwendete Quellen:
- https://www.igmetall.de/service/ratgeber/die-bewertung-im-arbeitszeugnis
- https://www.verdi.de/themen/arbeit/++co++6c32cc08-6d54-11ec-b675-001a4a16012a
- https://www.finanztip.de/arbeitszeugnis/
- https://www.ihk-muenchen.de/de/Service/Recht-und-Steuern/Arbeitsrecht/Bestehende-Arbeitsverh%C3%A4ltnisse-K%C3%BCndigung-und-Sozialversicherung/Arbeitszeugnis/
- https://www.sage.com/de-de/blog/lexikon/arbeitszeugnis/