Polyneuropathien: Krank im Job

Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems. Damit sind Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark gemeint. Betroffen sind die Nerven in Armen und Beinen, seltener im Rumpf. Polyneuropathie kommt in der Schweiz zum Bespiel relativ häufig vor. Ungefähr 5 Prozent aller älteren Menschen sind betroffen. Die Wortsilbe Poly weist darauf hin, dass mehrere Nerven betroffen sind.

Was sind die Ursachen und welche Symptome zeigen sich?

Es gibt hunderte von Ursachen für die Erkrankung. Sie kann in Verbindung mit Diabetes mellitus oder als Folge einiger Infektionskrankheiten auftreten. Auch Alkoholmissbrauch oder der Kontakt mit Giftstoffen kann Polyneuropathie auslösen. Mitunter gibt es sogar keine erkennbare Ursache. Je nach Schwere und Art der Erkrankung äußert sich Polyneuropathie in verschiedenen Symptomen:

  • Kribbeln wie von Ameisen unter der Haut
  • Brennen und Stechen
  • Überempfindlichkeit
  • Taubheitsgefühl
  • vermindertes Gefühl für die Temperatur
  • Schmerzen
  • Schwierigkeiten beim Gehen oder Greifen
  • Muskelschwäche
  • Verdauungsstörungen
  • Störungen bei der Blasenentleerung
  • Probleme bei der Regulation des Blutdrucks
  • Schlafstörungen, ausgelöst durch die aufgelisteten Symptome

Polyneuropathie kann akut verlaufen. Dann dauert die Erkrankung ca. 4 Wochen. Ein subakuter Verlauf nimmt ungefähr 8 Wochen in Anspruch. Hält die Krankheit länger als 8 Wochen an, sprechen Mediziner von einem chronischen Verlauf.

Wie wirkt sich Polyneuropathie auf den Beruf aus?

Das hängt davon ab, wie stark die Krankheit ausgeprägt ist und welche Nerven betroffen sind. Manche Betroffene spüren nur gelegentlich ein leichtes Kribbeln in den Armen oder Beinen. Andere dagegen werden extrem berührungsempfindlich. Sie können unter Umständen noch nicht einmal ertragen, wenn ihre Beine durch die Bettdecke berührt werden, oder sie verlieren das Gefühl in den Händen. Bei einem schweren Verlauf kann Polyneuropathie die Ausübung des Berufs unmöglich machen.

Welche Hilfe erhalten Betroffene?

Werden Betroffene wegen ihrer Polyneuropathie arbeitsunfähig geschrieben, erhalten sie durch ihren Arbeitgeber für 6 Wochen pro Jahr die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Diese beträgt 100 Prozent des Nettoverdienstes, allerdings ohne Zuschläge wie Nachtschicht- oder Schmutzzuschlag. Darauf haben auch geringfügig Beschäftigte und Auszubildende Anspruch.

Dauert die Krankheit länger, erhalten Betroffene Krankengeld von der Krankenkasse. Es ist geringer als die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und wird pro Tag berechnet. Das Krankengeld wird für maximal ca. 18 Monate gezahlt. Wenn Betroffene länger als 6 Wochen am Stück oder mehrmals im Jahr wegen Polyneuropathie krankgeschrieben sind, werden sie zu einem persönlichen Gespräch in die Firma bestellt. Dabei geht es um die Wiederaufnahme der Arbeit.

Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM)

Das Ziel dieser Maßnahme besteht darin, dem Patienten die Wiederaufnahme der Arbeit zu ermöglichen. Außer Vertretern des Unternehmens und dem Betroffenen nehmen am Gespräch auch der behandelnde Arzt oder der Betriebsarzt sowie auf Wunsch des Patienten ein Vertreter des Betriebsrats oder der Gewerkschaft teil. Zur Wiedereingliederung kommen verschiedene Maßnahmen in Frage, zum Beispiel eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Verkürzung der Arbeitszeit, bzw. andere Verbesserungen. Der Arbeitgeber kann auch die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz vorschlagen.

Was passiert, wenn sich die Polyneuropathie nicht bessert?

Wenn Therapie und Reha nichts bringen, können Betroffene einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Das Versorgungsamt (in Bayern das Integrationsamt) bearbeitet den Antrag und stellt den Grad der Behinderung fest. Ab einer Schwerbehinderung von 30 Prozent genießen Betroffene einen besonderen Kündigungsschutz. Ab 50 Prozent erhalten sie mehr Urlaub und steuerliche Vorteile. Die Schwerbehinderung wird für eine befristete Zeit gewährt (meist 5 Jahre). Danach muss der Antrag erneuert werden.

Was passiert, wenn eine Arbeitsaufnahme nicht möglich ist?

Verläuft die Polyneuropathie chronisch und ist in absehbarer Zeit keine Besserung in Sicht, können Betroffene einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Dieser Schritt ist dann sinnvoll, wenn der Patient noch zu jung ist, um vorzeitig in Altersrente zu gehen und Umschulungsmaßnahmen nichts bringen würden. Um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, müssen Antragsteller in den letzten 5 Jahren vor ihrer Erwerbsunfähigkeit mindestens 3 Jahre lang Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt wurden. Diese Regelung gilt auch für Selbstständige und Freiberufler.

Allerdings ist selbst die volle Erwerbsminderungsrente niedriger als die reguläre Altersrente und zudem an Auflagen (Höhe des Zuverdienstes) geknüpft. Sollte der Arbeitgeber keinen geeigneten Arbeitsplatz anbieten können, lösen Betroffene meist das Arbeitsverhältnis einvernehmlich und suchen sich Tätigkeiten, die sie trotz ihrer Erkrankung ausüben können. Die Arbeitsagentur unterstützt sie dabei.