Sie hat längst begonnen und ist auch nicht mehr aufzuhalten: die digitale Transformation vieler Branchen und Geschäftsmodelle. Produkte und Dienstleistungen verlagern sich immer mehr ins Internet. Noch nie war es für Unternehmen so wichtig, sinnvolle Investitionen im Bereich E-Commerce zu tätigen, um den heute als selbstverständlich geltenden Kundenanforderungen gerecht zu werden. Wer auch in Zukunft noch wettbewerbsfähig sein möchte, kommt um den eigenen Online-Shop nicht herum.
Vorgefertigt oder doch lieber selbst programmiert?
Der Markt um modulare Shopsysteme ist heiß umkämpft. Dutzende Anbieter versprechen mit preisgünstigen SaaS-Lösungen („Software as a Service“) einen schnellen und unkomplizierten Einstieg ins Online-Business. Programmierkenntnisse sind für diese nach dem Baukasten-System konzipierten Shops in der Regel nicht vonnöten. Der größte Nachteil besteht allerdings darin, dass diese im Umfang oft stark eingeschränkt und für individuelle Kundenbedürfnisse oder interne (Geschäfts-)Prozesse kaum adaptierbar sind. Aus diesem Grund entscheiden sich Unternehmen immer häufiger für „Custom-built“ (d. h. selbst entwickelte) Lösungen.
Doch was genau spricht für Eigenentwicklungen?
1. Kein Overhead: Die meisten Baukastensysteme oder Komplettlösungen beinhalten eine Fülle an Funktionen, die weder im Front- noch im Backend-Bereich benötigt werden. Das stört nicht nur den Kunden, sondern führt auch zu Reibungsverlusten an den prozessualen Schnittstellen. Bei der Eigenentwicklung stehen jene Funktionen im Fokus, die auch tatsächlich für interne Prozesse benötigt oder vom Kunden schlichtweg vorausgesetzt werden. Was weder dem Kunden noch dem Unternehmen einen Nutzen stiftet, wird auch nicht implementiert.
2. Bulkprozesse: Zeit ist Geld, und deshalb sollen Prozesse vor allem „lean“ und effizient abgearbeitet werden. Das trifft auch auf Online-Shops zu. Wer beispielsweise „Dynamic Pricing“ oder unterschiedliche Gutschein- bzw. Rabattlogiken anwenden möchte, kann hierfür sein System schon vorab für Bulk- bzw. Stapelprozesse konzipieren. Das schafft gegenüber vorgefertigten Lösungen einen immensen Wettbewerbsvorteil. Oft kommt es vor, dass zusätzliche Anforderungen an den Online-Shop im Nachhinein gar nicht oder nur unter großem Aufwand möglich sind. Selbst banale Änderungswünsche können so hohe Kosten verursachen.
3. Integration des eigenen Warenwirtschaftssystems (WaWi): Wenn der Online-Shop in das eigene WaWi-System integriert werden soll, um einen höheren Digitalisierungs- bzw. Automatisierungsgrad zu erreichen (z. B. Bestandsführung, Versand und Rechnungslegung), stellt die eigene API (Application Programming Interface) die beste Lösung dar. Unterschiedliche Systeme lassen sich so nahtlos miteinander verknüpfen. Der Datenaustausch in Echtzeit bietet auch dem Kunden Vorteile. Beispielsweise lassen sich Lieferzeiten oder Verfügbarkeiten einzelner Produkte in Sekundenschnelle abfragen, wenn Shop und WaWi dasselbe Datenbanksystem nutzen.
4. Verbesserte User Experience und Usability: Emotionen spielen sowohl bei der Kaufentscheidung als auch bei der Kundenbindung eine tragende Rolle. Ein Online-Shop muss daher so ausgestaltet sein, dass der Kunde sich beim Stöbern auf der Webseite und im Produktportfolio auch wohlfühlt. Erklärvideos können, sofern Sie schlau gemacht und richtig eingebunden sind, den unentschlossenen Kunden zum Kauf bringen. Unnötige Funktionen jedoch, lange Ladezeiten oder eine umständliche Navigation können den Kunden auf der anderen Seite (schlimmstenfalls für immer) verschrecken. In der Regel kennen Unternehmen ihre Zielgruppe sehr genau. Diese Erkenntnisse können von vornherein in die Softwareentwicklung eines Online-Shops eingebracht werden. So lässt sich die „Conversion Rate“, d. h. die Umwandlung vom Seitenbesucher zum zahlenden Kunden, nachhaltig optimieren.
5. Komplexe Features nachrüsten: Es liegt auf der Hand, dass nach dem Go-Live eines Onlineshops es immer wieder zu Verbesserungsvorschlägen oder neuen Kundenanforderungen kommen kann. Wird das System von Anfang an selbst aufgebaut, lassen sich komplexe Funktionen in der Regel kostengünstiger nachrüsten als bei vorgefertigten Shop-Lösungen. Aufwendige Features wie Product Customizer oder diverse Cross- und Upselling-Prozesse (die zu einem wesentlichen Umsatzwachstum beitragen können), lassen sich in einem selbstgewählten Framework zu deutlich niedrigeren Kosten umsetzen.
6. Der Online-Shop als USP: Ein einzigartiger Web-Shop mit außergewöhnlichen Verkaufsprozessen und Einkaufserlebnissen kann in hart umkämpften Märkten zum ausschlaggebenden Wettbewerbsvorteil werden. Wer es schafft, seine selbst programmierte Version eines Online-Shops als Alleinstellungsmerkmal zu etablieren, hat vor allem im Fahrtwind der fortschreitenden Digitalisierung und aufgrund der sich stetig ändernden Kundenanforderungen einen Technologievorsprung, der mit Geld kaum aufzuwiegen ist.
Die initialen Entwicklungs- und Einführungskosten mögen bei selbst entwickelten Online-Shops oft (deutlich) höher sein. Das kann vor allem für kleinere Unternehmen ohne entsprechender Kapitalausstattung problematisch werden. Auf lange Sicht überwiegen die Vorteile allerdings bei Weitem. Für den Programmierer geht die Eigenentwicklung oft mit einer längeren Bindung an den Auftraggeber einher, da viel Knowhow bei der Umsetzung und Implementierung in das Unternehmen eingebracht wird. Ein Abwandern von Wissen kann für das Unternehmen damit zum ernsthaften Problem werden. Selbst dann, wenn eine saubere Softwaredokumentation vorliegt.